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Krankenkassen: Mittel gegen Kostenanstieg

Samstag, 23. Dezember 2006 / 13:37 Uhr
aktualisiert: 14:00 Uhr

Bern - Die Abstimmung über die Einheitskasse und die Verhandlungen zu den neuen Spitaltarifen: Das sind die wichtigsten Dossiers, die der designierte santésuisse-Direktor Fritz Britt bei seinem Amtsantritt Anfang 2007 auf seinem Pult liegen hat.

Demografie und medizinischer Fortschritt würden auch künftig zu Kostensteigerungen führen, sagt Britt.

«Das Schweizer System ist ein Wettbewerbssystem, und der Wettbewerb zwischen den Kassen ist ja etwas, das politisch gewollt ist», sagt Britt in einem am Samstag in der «Basellandschaftlichen Zeitung» veröffentlichten Interview. Zum Schutz des Patienten und des Prämienzahlers seien diesem Wettbewerb aber Grenzen gesetzt.

Britt, der beim Krankenkassen-Dachverband auf Marc-André Giger folgt, sieht in der Schweiz unter dem Strich eine bessere Grundversorgung als in den Nachbarländern. «Wir haben eben nicht dieses unsägliche Einheitssystem mit den enormen Qualitätsmängeln, das Frankreich und Deutschland haben.»

Die Kostensteigerung im Gesundheitswesen einzudämmen, ist für Britt «tatsächlich eine wichtige Aufgabe». Gleichzeitig müsse man aber ein Verständnis dafür entwickeln, «dass die Faktoren Demografie und medizinischer Fortschritt vernünftigerweise zu einer Kostensteigerung führen».

«Keine Kostenexplosion»

Diese beiden Faktoren würden auch in den nächsten Jahren die Gesundheitskosten steigen lassen, sagt Britt. «Man muss nicht so tun, als ob das nicht so wäre.» Er tritt für eine nüchterne Betrachtungsweise ein: Sowohl das Wort «Kostenexplosion» sei falsch als auch die Aussage, man habe die Kosten «im Griff».

«Wie will man die demografische Entwicklung im Griff haben?», fragt der neue santésuisse-Direktor, und: Er habe noch nie jemanden gesehen, der den medizinischen Fortschritt nicht wolle. Die Einheitskasse ist für ihn kein Mittel gegen die steigenden Kosten: «Ich bin dagegen, dass wir unsere Bevölkerung verschaukeln.»

Die Krankenkassenprämien seien eine «enorme Belastung», sagt Britt. Mit der Prämienverbilligung habe die Schweiz aber ein gutes System, «um die Belastung gerade bei tiefen Einkommen praktisch auf Null oder eine vernachlässigbare Summe abzusenken». Dies sei sozialer als in den Nachbarländern, «wo man selbst mit einem tiefen Lohn seine 14 Prozent abliefern muss».

Nahe beim Bürger

Er habe den Eindruck, dass es in den Diskussionen über das Gesundheitswesen nur noch um hohe oder tiefe Prämien gehe. Man spreche über das Gesundheitswesen, als ob das etwas wäre, was einen nichts anginge. Die Krankenversicherer seien mit ihrer Tätigkeit relativ nah beim Bürger, sagt Britt. Dies müsse wieder mehr zum Ausdruck kommen.

Neben der Einheitskasse, über die der Souverän am 11. März abstimmt, beschäftigt die hängige Verhandlung über Fall-Pauschaltarife im Spital. Verglichen mit der heute meist üblichen Abgeltung von Aufenthaltstagen sei dieses Modell effizienter; jeder Fall habe aber auch seine Unschärfen.

Fritz Britt leitete von 1997 bis 2004 die Hauptabteilung Kranken- und Unfallversicherung im Bundesamt für Sozialversicherung. Er war verantwortlich für die Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes. Der Jurist mit Anwaltspatent wechselte im Jahr 2004 zu Novartis.

(ht/sda)


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